J. Dreyfsandt zu Schlamm : Deutsche Gedichte 5
Teil 5
07-05-2009
Ad Tempus (Zeitweilig)
ich fühlte Ruhe als Geflüster die Ohren entlang blies und fragte: gehst du mit
mit mir nur so fliegend entfliehen
*
erstaunlich, dass es mich beruhigte mit Vergänglichkeit
ich wusste nicht, dass es mein Inneres war welches sich selber ein Lebewohl küsste
04-05-2009
Ich kann dich nicht ausstehen
ich kann dich nicht ausstehen heute fasel ich nicht herum habe keinen Schwung, das zu tun nicht, dass es mich kümmert, wenn ich einigen Unfrieden höre
da gerät auch nichts in Verlust zerbricht keinen Bohrer oder hat ein verschlicktes Ohr nein, meine Gedanken sind unflätig
und dann muss man schweigen keine ellenlangen Reimchen auffädeln von Seufzen oder einmal schnaufen vor Aufregung
damit gehe ich nicht deine Seele bedrohen mein Beitrag ist deswegen kurz sozusagen ein leerer Teller vor dem ein Schwein nicht grunzt
o ja, das kann ich sicher sagen ohne mein Gewissen zu quälen
"ich kann dich nicht ausstehen", das hört sich vielleicht etwas krude an
es musste einfach raus in der Hoffnung, dass du dich nicht ärgerst
01-05-2009
Gegensätzlich
ich entdeckte einen Schritt zur Seite
gleich etwas neues
während der Schlamm mich aufsog
bei Ebbeströmung
20-01-2009
Jasper van der Sandt
in meinem Land herrscht das Grau
Früher Winter genannt
der Schöpfer dachte ich sende dem alten Dichter einen Enkelsohn
Jasper ist sein Name,
es geschah gestern
Alte Liebe
erzähle nicht weiter die Worte, bei denen ich schweige sie sind vermisste Gedanken von damals sie streifen ständig von Fühlen zum Tun
möchte sie in gesalzener Feuchtigkeit offenbaren wozu ich so ab und zu oder eigentlich, doch ja häufig neige, um einen beleuchteten Schatten nachträglich mit Speichel zu erklären
ich würde von der Birke mit folgsamen Ranken die geerdeten Wurzeln zärtlich küssen, als ob Sehnsucht das schwelende Feuer mit trockenen Lippen beschwichtigen kann
und die Rinde nicht die Partitur adern wird von loderderden dumpfen Klängen
höre nicht die Augenblicke, von denen ich schweige sie tragen die Flanken, welche eine alte Liebe erben
Femme Fatale
stramm streckt sich der Schleier ihren dürren Leib entlang
wo Raum schrumpft bis an eine schmale Enge
und Knochenbeine eine lange Wiedergabe sind einer verwundbaren Länge
eine Frau mit entsprießenden Brüsten in einer schlichten Grazie mit nackten Füßen
wer möchte nicht ihren hervorquellenden quengeligen erhabenen Augen begegnen
doch, in einem vorbeigehenden Moment wird mancher Mann sich selber zusammemkrampfen sehen
und nicht sie, doch sich selbst beschimpfen
Ein Eremit
bin ich zu einem Eremiten entartet wenn ich schweigend spreche von meinen Gedanken
welche manchmal, so dem Menschen zu Eigen, ein Geheimnis zu bewahren scheinen
es sind oft vollkommene Worte welche bereits verdampfen ehe sie meine Zunge berühren
aber in dem Weltall von Stille kann ich unbeschränkt die ganze Schöpfung begeistern
1) Aufgeklärt .............. 2) Aufklärung
1) Aufgeklärt
in dem Maße wie die Zeit sich verwischt betäubt die Ursache
wenn auch noch das Denken sich verzögert, eröffnet die Einfachheit seine Aufgabe
2) Aufklärung
wenn meine Seele weniger sucht nach Gebärden welche Worte aus Staub tragen und Licht meinen Schatten nicht mehr verdammt wird der Geist allmählich befreit von Fragen
11-11-2008
Mensch, wer bist du?
Kaltherzigkeit gibt es auch, wenn Farben blühen das ganze Jahr hindurch Liebe schließt keine Türen im Einklang mit dem Rhythmus der Saisons oder zergeht im Himmelsnass falls Schnee oder Hagelkorn Recht sprechen ohne Verhör es befeuchten auch nicht Tränen einen toten Teppich ausschließlich wenn der Herbst sich senkt über Alleen Kühle kennt keine Zeit stößt dem Mensch zu, wenn das Leben am Inneren reißt oder die Seele die Machtlosigkeit vertreiben will sobald unsere natürliche Einsamkeit im Übermaß gedeiht
Du, der du kommst
ich warte auf dich während du reist unterwegs nach deinem Namen
eine Weile treibst du unter einem klopfenden, eroberten Frauenherz
wo du, wie federleichtes Gewicht, nach Anerkennung in einer geborgenen Finsternis, zusammen im Singular startest
so zähle ich meine Stunden zurück in den Boden und deine Tage welche bald geboren werden
wenn du dann der Sonne begegnest, wirst du einem ewigen Wert angehören
Der Ferne nahe....
im zehnten Monat wird mein Boden unter den Füßen dunkel
es kann sein, dass der Geist
beim Fallen der Blätter eine andere Route wählt oder Absätze kleben an der Erde und Schönheit versagt in ihrem eigentlichen Wert es ist Gehen über eine Brücke ebenso schwer wie das Erklimmen des losen Dünensandes um oben auf der blanken Spitze zu sehen dass der Gesichtskreis verpackt scheint in eine dunkle Ferne
Ich liebe die Stille
wenn ich meinen Atem besinnlich verteil habe ich die Stille lieb, so lieb
doch bin an Zeit gebunden wo fortschreitende Zeiger, vergangene Erwartungen verwinden
und sehe in der Jugend dass ich immer öfter ältere Früchte anbaue in Erwartung der Nacht, welche endgültig auf mich wartet
trotzdem ruhe ich in meinem Abend und fühle mich erwärmt von dem Lächeln deines Kindes
und wenn ich meinen Atem besinnlich verteil habe ich die Stille lieb, so lieb
Zeitvertreib
was hast du noch zu tun, fragt das Heute die Zukunft
ich fühle mich alt, warte nicht mehr auf das Später flüstert sie gegen den ungeborenen Tag von Morgen
und Gestern ist sterbensmüde es möchte nicht mehr für mich sorgen
Lebe wohl Sommerernte
Wenn das Verfärben der Blätter noch vor dem Fall seinen Anfang nimmt
und das Herbstgrau die Ruhe einläutet um sich an Tod und Auferstehung zu gewöhnen
entfremdet der Mensch sich oft schnell der Sommerernte und wird den Verfall plötzlich erkennen
morgen besteht nur noch in Hoffnung, in Worten und Träumen
*
wird er, lediglich, so durch das Stillwerden gelotst?
Schattendüfte
wenn der Tag sich allmählich eher verdüstert
scheint es, als färbe sich das Licht anders in mir
und wo der Sommerpracht von Natur aus der Glanz genommen wird
rieche ich auch wieder Schattendüfte, die vom Herbst zu erben sind
21-09-2008
Blinde Sehnsucht
immerfort erwarten
ist versuchen eine losgelöste Vergangenheit, wohl oder nicht gewollt, in Schmerz wieder zu finden
und erscheint Einsamkeit aufs neue
wenn das Sterben sich dann herlebt und meine Seele sich spiegelt an der blinden Linde
wird niemals das irrende Echo vergehen welches die Sehnsucht in der Zukunft webt
Zwischen weiten Lidern
zwischen weiten Lidern sehe ich klares Blau sie sind etwas runder als normal
doch sind sie wie üblich umrändert von einer dünnen haarigen Hecke noch beschützend, aber grau
es sagt etwas von meinen Augen und dem sprechenden Klang wovon ich erzähle
pass auf, sie betreten nicht nur so einen willkürlichen Weg ohne Anspannung werden sie zugleich:
gewogen, bewundert, oder zentrifugal zu meiner Ferne gesogen
die Falten, breit gefüttert, sowohl oben wie unten die sichtgebärende Fähigkeit
sind himmlisch tief gerunzelt und irdisch ebenso, aber mit Hängesäcken besetzt
die Blickfänger stellen Spiegel im Sand und laden das Heute besonders bei tagendem Licht
manchmal, ja dann und wann werden sie getrübt von unvermeidbarem Seelengewicht
Der Geruch des Widerhalls
die Lippen pressen sich noch einmal zusammen
versuchen hinter meiner geschlossenen Tür zum Abzug zu blasen
ich möchte noch, noch eine letzte Ehre planen
aber der tiefe Ton, quälend langsam steigend, scheint schon schwarz von Farbe
in der Ferne höre ich dich auf den Widerhall lauern mit "Amen" in seinem Geruch
Meine Ungeduld
die Zeit steht still so bemerke ich nebenbei
doch mein stimmlicher Ton verrät einigen Ärger, überträgt deshalb die Unruhe einer anschwellenden inneren Unbequemlichkeit
ähnlich dem quengeligen Gedröhne einer Horde anstürmender Pferde im Galopp
meine eigene Ungeduld brennt mir, für Kennerblicke merkbar, unter den Füßen
gewiss, wenn Warten mich irritiert gleich der schleppenden Gangart einer noch lebendigen Schnecke
Tausend Zigaretten weiter
ich fühle sie noch in rechter Hand zwischen zwei braungebrannten Fingern,
versuche zu rauchen ohne Zigaretten
mein Verstand hat beschlossen mich zu befreien aus Nikotinland
mich von einer Sucht zu erretten