Een bijdrage geschreven door Ingrid en Paul Wolters voor het tijdschrift :
die Heimat - 2005
Felix Timmermans (1886 1947)xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:office:office" />
in Krefeld damals und heute auch morgen?
Der Dichter aus Flandern dreimal bei den Krefeldern
Vor 75 Jahren hielt Timmermans seine erste Lesung in Krefeld am 7. Februar 1930. Diese erste Begegnung der Krefelder mit dem Dichter aus Flandern schildern vier Zeitungen sehr ausführlich.
Selten oder nie erlebten die Getreuen der [Literarischen] Gesellschaft, denen sich am Freitagabend eine sehr große Zahl seltener Gäste zugesellt hatte, eine so lebensbejahende, urwüchsig-naive, unproblematische Natur wie den flämischen Malerpoeten Felix Timmermans. [...] er trägt seine inneren Wirren nicht auf den Markt und handelt nicht mit Weltanschauung; er schildert, er malt mit außergewöhnlichem Farbenreichtum köstlich-saftvolle Erzählungen. Da gewinnen die kleinsten Dinge Bedeutung und Gehalt, da gibt es nichts Überflüssiges, da ist alles gesehen und geformt aus einem von Güte und tiefer Menschlichkeit überquellenden, gottesfürchtigen Herzen. So schreibt die Montags-Ausgabe vom 10. Februar 1930 (Dr. R. M.).
Die drei Berichterstatter vom 11.2.1930 geraten nahezu ins Schwärmen; denn Timmermans ist so ganz anders als zeitgenössische Dichter und Schriftsteller, die sie bis dahin schon oft in Krefeld erlebten:
Er ist ein goldener Kerl! Ein Glückskind, Felix, der Glückliche [...], ein Sonntagskind, dem auch die böse Dreizehn nichts anhat, dem dreizehnten unter vierzehn Geschwistern, Kindern eines braven Spitzenhändlers aus [...] Lier [...]. Was er redet, handelt von ganz gewöhnlichen Dingen, und er bestaunt sie wie vom Himmel gefallene Wunder: das Geheimnis und die Kraft seiner Dichterschaft, sie überall zu finden und zu pflücken, schreibt die Krefelder Zeitung (Karl von Felner).
Wahrhaft, schlicht und einfach, nichts von jenem Aesthetentum, von jener zum großen Teil gesuchten, äußerlichen Vornehmheit so vieler unserer Großstadtdichter und Literaten, wahrhaft ein Mensch wie wir, trat er uns entgegen, schreibt die Westfälische Volkszeitung und preist den blühenden Humor, der [...] nicht etwa flacher Optimismus ist, sondern ein Humor, der aus dem Verdruss und der Not entsteht und über diese hinweghilft.
Felix Timmermans hat doch den Mut, sich abseits von allen Zeitproblemen zu halten, andere, jenseits der Verwirrung der Gefühle liegende Wege zu gehen, stellt auch die Niederrheinische Volkszeitung (Anton Lamers) fest und berichtet: Der Dichter erzählte aus seiner Jugend- und Werdezeit, las den ersten Teil aus [Das Triptychon von] den heiligen drei Königen, ein Kapitel aus dem Pfarrer vom blühenden Weinberg, endete mit einer schnurrigen Geschichte vom Schweinchen und konnte sich über ehrliche Aufnahme und warmen Beifall seiner großen Zuhörerschaft gewiss nicht beklagen.
Mich überrascht immer wieder neu, dass Presseberichte schon 1930 und früher festhalten: Einer großen Gemeinde darf dieser Dichter sich heute rühmen; denn 1930 war erst das dritte Jahr seiner Lesereisen, die im März 1928 begannen und ihn bis März 1939 in mehr als 140 Städte im deutschsprachigen Raum führten. Offenbar war Felix Timmermans in Deutschland bekannt und beliebt, lange bevor er das Reisen begann. Sein Jesuskind in Flandern [1917] war 1919 in deutscher Übersetzung von Anton Kippenberg im Insel-Verlag Leipzig erschienen, sein Pallieter [1916] folgte 1921, sein Triptychon 1923, sein Nikolaus in Not 1926.
Enttäuscht bin ich darüber, dass der Insel-Verlag, heute Frankfurt und Leipzig, der die deutschen Rechte an Felix Timmermans Werk besitzt, sich damit zufrieden gibt, dass heute nur noch diese vier Titel im Buchhandel zu haben sind; denn fast alle Werke dieses flämischen Dichters erschienen in deutscher Sprache, meist im Insel-Verlag.
Timmermans ist übrigens in 26 Sprachen übersetzt worden; gerade, im November 2004, erschien sein Pallieter auch in Japanisch, der 12. Sprache.
Wichtige Bücher waren noch gar nicht da, als schon zu lesen war: Der Stern [...] ist über Felix Timmermans mächtig aufgegangen.
Wichtige Bücher sind hier in der Reihenfolge ihrer Entstehung : Pieter Bruegel, 1928; Franziskus, 1932; Bauernpsalm, 1935, dt. 1936; Minneke Pus, 1942, dt. 1950; Adriaan Brouwer, 1948, dt. 1951; die Adagio-Gedichte, 1947, dt. 1949, und seine Novellen, Legenden und Erzählungen, z. B. Beim Krabbenkocher, 1934, dt. 1937; Ich sah Cäcilie kommen, 1938. Acht Insel-Bücherei-Bändchen gibt es von Felix Timmermans. Auf das neunte, Adagio in neuer Übertragung, hoffen die Timmermansfreunde seit 1997, dem Jahr, für das es vom Insel-Verlag schriftlich fest zugesagt war, dem Jahr des 50. Todestages des Dichters.
Felix Timmermans hielt seine zweite Lesung in Krefeld am 18. Oktober 1935. Elisabeth Knöck erzählte 2004, wie sie damals als Schülerin der 8. Klasse des Krefelder Mädchengymnasiums Felix Timmermans erlebte:
Ich half in der Ausleihe einer katholischen Pfarrbücherei. Bücher hatten mich von jeher interessiert. So las ich mit Begeisterung alles, was sich mir bot [...]. Besondere Freude hatte ich damals an dem Roman Pallieter von Felix Timmermans. Ich erfreute mich an den oft derben und drastischen Schilderungen von Ereignissen in einem flämischen Dorf. Ich las den Pallieter mehrmals, um möglichst viele Einzelheiten im Gedächtnis zu behalten und sie auch unter Altersgleichen zum besten zu geben.
Und dann geschah eines Tages etwas Besonderes: Am Schwarzen Brett unserer Schule hing im Herbst 1935 die Ankündigung einer Dichterlesung von Felix Timmermans. Sollte es wahr werden? Sollte ich einen richtigen Dichter kennen lernen und auch noch den, dessen Schriften mir so viel Freude machten?
Mit der Erwartung, die das Foto der Dichterfürsten Goethe und Schiller in unserem Lesebuch in mir geweckt hatte, ging ich in die Aula unserer Schule und fieberte dem Auftritt des richtigen lebenden Dichters entgegen. Doch welche Verwunderung! Der sah ja gar nicht aus wie Goethe oder Schiller! [...] Ich musste mich also zunächst an sein saloppes, wenn auch gepflegtes Äußere gewöhnen. [...] Als Felix Timmermans zu sprechen begann, war ich zutiefst angerührt. Was war es, was mich so ansprach? Die volle tiefe und warme Stimme oder die gehaltvollen Aussagen, die ich in Pallieter vor lauter Spaß an den bunten Bildern des Dorflebens wohl überlesen hatte? Ich weiß es heute nicht mehr. Ich weiß nur, dass ich zu Hause bei meinen Eltern geradezu überlief von den Eindrücken des Abends.
Dass ihr Erinnerungsvermögen sie nicht täuschte, erweisen Krefelder Zeitungen. Sie bringen am 18. Oktober 1935 als Appetitmacher kurze Auszüge aus Timmermans Pallieter, aus Wie ich Erzähler wurde und aus seinem Gruß an Deutschland :
Ich habe dann noch viele Vorlesungen in Deutschland gehalten. Ich habe es ungefähr in allen vier Windrichtungen durchquert. Und ich habe dabei viele schöne und großartige Dinge in seinem Alltag und in seiner Kunst gesehen und mir viele gute Freunde erworben.
Es ist ein mächtiges Land, wie der Rücken eines Werkmannes, den Rubens gemalt hat. Das Land der Genies, eines Bach, Beethoven, Wagner, Goethe, Schiller, Dürer, Kant...! Ein Land voll Musik und tiefer Gedanken. [...]
Über jede Stadt ließen sich viele schöne Dinge erzählen. Jede hat einen Schatz von Geschichte, Kunst und lebendiger Überlieferung aufzuweisen. Da hat ein großes Volk gewirkt. Und mir als Flamen gefällt besonders, dass ich überall in den Museen flämische Kunst als glänzende Kostbarkeit ausgestellt sah. Man fühlt es: In Deutschland steht Flanderns Kunst, die schönste Frucht des flämischen Geistes, in hoher Gunst, und das macht, dass man sich nicht mehr wie in der Fremde fühlt...
Beide Krefelder Zeitungen zitieren den Gruß in der gleichen Weise, beide auch mit denselben Fehlern: Sie schreiben vom höflichen statt vom höfischen Dresden und vom dürftigen statt vom deftigen Königsberg! Beide bringen auch eine Passage, die mir bisher nicht bekannt war und die ich nicht unwichtig finde:
Die alte Legende sagt, dass Eulenspiegel in Deutschland geboren sei. Man schwärmt da mit De Costers Eulenspiegel, man verehrt die flämische Kunst. Beherzigt, was ihr verehrt! Das Leben ist gleich heilig in Lappland und Paris, in Berlin und hier. Heiligkeit ist in den meisten Fällen Tragik, aber jeder Heilige war schließlich ein Sonnenkind! Ich hoffe noch oft in Deutschland zu sprechen und zwar in einem Deutschland mit viel Sonne!
Wichtige, mutige Sätze 1935 in unseren Land! Man muss bei Felix Timmermans lernen,
zwischen den Zeilen zu lesen!
Krefelder Zeitungen berichten am 19. und 20. Oktober 1935 ausführlich von der Palette des Dichters. Hier folgt in Auszügen die Schilderung aus der Westdeutschen Zeitung :
Felix Timmermans in Krefeld / Ein köstlicher Abend
Die Flamen Verhaeren und Vermeylen, Streuvels und Claes haben in unserem Vaterland viel hundert Freunde. Die Anhängerschaft Felix Timmermans aber ist Jahr um Jahr um Tausende gewachsen, und so nimmt es nicht wunder, dass die Auflagenziffern seiner Werke sprunghaft in die Höhe schnellen, und niemand gerät in größeres Erstaunen, wenn er vernimmt, dass der Festsaal des Krefelder Lyzeums gestern Abend überfüllt war. Was in den letzten Jahren keinem anderen gelungen ist, Felix Timmermans hat es vermocht, und die Herzlichkeit des Beifalls, die ihn gleich bei seinem Erscheinen empfing, tat kund, dass die dreihundert nicht etwa aus Neugier gekommen waren.
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Felix Timmermans war nicht das erste Mal in Krefeld. Aber der letzte Besuch liegt lang zurück, und in dieser Zeitspanne ist sein Name und Werk weiter in die Welt gedrungen. Dass beide am Niederrhein seit Jahr und Tag ihr Zuhause haben, bedarf im Grunde keiner Erklärung. Denn jenes Städtchen Lier, dessen Häuser und Menschen immer wieder den Ort und die Geschehnisse in Timmermans Büchern abgeben, könnte irgendein niederrheinisches, etwa Kempen oder wie wir es sonst nennen mögen, sein. Selbst die Gestalten, denen wir in seinen Geschichten begegnen, sind unseres Fleisches und Blutes. Sie sind ebenso schwer in ihrem Schritt wie die Bauern unserer Heimat; denn letztlich sind ihre Ahnen die gleichen. Nur in einem und hier entscheidend sind sie voneinander verscheiden: Prall wie der Wind in den Mühlenflügeln des Landes steht die Lebensfreude in den Gesichtern der Flamen, sagt Carl Hanns Erkelenz irgendwo.
Im dritten Absatz seines Berichts spricht der Reporter über Timmermans Humor, im vierten
hebt er hervor, wie der Dichter von den Quellen seines Lebens und dem Werden seiner Bücher erzählte, und endet mit dem Hinweis, dass er nicht wisse, ob das alles schon in deutscher Sprache erschienen sei, dass jedoch, wenn es herauskomme, dies Werk des Dichters Selbstbiografie zweifelsohne zum Wertvollsten und Gewinnbringendsten seines Ganzen Schaffens gezählt werden würde. Der fünfte Abschnitt spricht von einem neuen Buch, Bauernpsalter.
Es harrt noch der Übersetzung ins Deutsche und soll wie Timmermans mit einem schalkhaften Seitenblick vermerkte just zur Krefelder Bauernausstellung herauskommen. Nun, Krefeld wird noch größeren Dank wissen als schon gestern Abend, denn die beiden Proben aus dem neuen Werk lassen erwarten, dass uns etwas geschenkt wird, das sich turmhoch über die gegenwärtig vielfach hörbare Art des Liedes aus Boden und Blut erhebt.
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Timmermans endete wie gewohnt mit ein paar Worten des Dankes in seiner flämischen Sprache. Er übertrug den Dank der Krefelder auf sein Heimatland, bezeugte erneut seine hohe Achtung vor dem deutschen Volke und ging dann, umjubelt von Beifall, auf die Weiterfahrt durch unser deutsches Land. Mit ihm gehen gute Grüße und Wünsche seiner Krefelder Gemeinde, mit ihm geht jene trotz allem Beifall unausgesprochenen Dankbarkeit, die den Wunsch nach einem baldigen Wiedersehen, nicht so sehr auf den Lippen, als in ihrem Herzen trägt! Es ist die Dankbarkeit, die der Verehrung und Anhänglichkeit entspringt. H. H. M.
Die dritte Lesung in Krefeld war am 15. März 1939 während seiner letzten Lesereise durch Deutschland, diesmal in der großen Stadthalle. Unsere Zeitzeugin war wieder unter den Besuchern der Lesung. Sie erinnert sich:
Inzwischen war natürlich mein Verständnis gereift. Diesmal erwartete ich nicht mehr nur spaßige Unterhaltung an flandrischen Familien- und Dorfszenen. Was mich diesmal faszinierte, war die Lebensweisheit des Dichters, sein Welt- und Menschenbild. Er hatte etwas mitzuteilen, was wohl viele noch nicht sahen, aber im Stillen ersehnten. So war der Abend reich an neuen Erkenntnissen über das Menschenleben. Felix Timmermans brachte alles in eine schöne geistreiche, aber auch tief zu Herzen gehende Sprache. Es war für mich eine Daseinserhellung aus dem Herzen eines reifen gläubigen Menschen. [...] Dieser Abend mit Felix Timmermans bereicherte mich in einer Weise, die ich nicht in Worte fassen kann, die aber bis heute nichts von ihrer Bedeutung verloren hat. Ich hatte einen Menschen erlebt, der aus tiefen gottbezogenen Quellen lebte und sein Bild vom Leben und vom Menschen aus vollem Herzen an seine Hörer weitergab.
Mich beeindruckt, was Elisabeth Knöck nach all den Jahren sie wird in diesem Jahr 83 Jahre alt als das Wesentliche benennt, das sie ihrer Begegnung mit Felix Timmermans verdankt:
Das Leben eines jeden von uns ist eine Einmaligkeit, unverwechselbar in seinem Ablauf, in seinen Höhen und Tiefen. Und hinter allem steckt ein Sinn, mit dem Verstand kaum zu deuten, aber mit dem Herzen erfahrbar. Es hat Qualitäten, die es lohnen zu leben. Es hat auch seine Unzulänglichkeiten, die bei allen Bemühungen auch am Ende unserer Tage nicht auszumerzen oder in Vollkommenheiten zu verwandeln sind.
Unter der Überschrift Felix Timmermans in Krefeld ist zu seinem Auftritt am 15. März 1939 in der Rheinischen Landeszeitung vom 16.3.1939 zu lesen:
Der Dichter las aus eigenen Werken / Ausverkaufter Theatersaal
In Timmermans Pallieter schrieb Otto Brües folgende Widmung: Und wenn wir zagen und klein sind und das Warum uns bis zum Hals steht, lehrst Du uns die Seligkeit des Lebens singen, lieber Bruder aus Flandern, und freuen und in allem sehen: das große: Und doch! Und neben den Worten ihres Vaters, die vom Wert der Freude, der Bewunderung und des Dankens sprechen, zitiert sie Felix Timmermans mit folgenden Worten: In meiner Kunst habe ich nichts anderes ausdrücken wollen als Bewunderung für das Leben. Bewunderung trotz allem: trotz der Tragik, trotz der Dunkelheit, trotz unserer Kleinheit und Erbärmlichkeit. Bewunderung für das Leben, für die Natur und den Menschen in Geburt, Wachstum, Kampf, in Liebe und Kunst. In allem schimmert das Göttliche. Bewundern ist danken. Ich bin froh, dass Gott mich auf die Welt geblasen hat. Und mehr habe ich nicht gewollt, als diese Freude niederschreiben. Und ich möchte glauben, dass man mich verstanden hat!
Ergänzung 1:
Als Kontaktadresse der FTG gilt auch die der Verfasserin: Tiefstraße 35, 47906 Kempen, Tel. 02152/3560,
Fax 02152/55 91 48, ePost Vorstand@Felix-Timmermans.de,
mehr unter www.Felix-Timmermans.de
Ignaas Dom, Felix Timmermans, der Mystiker, in: Jahrbuch 8 der FTG, Kleve 1997, S. 95 ff.
Karl Jacobs, Felix Timmermans Lebenstage und Wesenszüge eines Dichters, Düsseldorf 1949
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